Sag mir wo die Einkaufswagen sind? Wo sind sie gebliehiben?

„Dornröschenschloß“. Das EKZ schläft den Schlaf der von Konsumwünschen befreiten Seele, ein Ort für märchenhafte Vorstellungen und tiefe Träume. Wer küßt Dornröschen wach? Steilshoop sucht den Superprinz

IKON. Über den Zustand des „Einkaufszentrums“ Steilshoop ist viel gesagt worden. Mehr Geschäfte, mehr Dienstleister, mehr Angebote wird am häufigsten genannt.

Seltener hört man Lob, dabei ist es sauber, warm und hält Aufenthaltsqualität vor. Das ist viel in einem Stadtteil ohne soziale Treffpunkte, wenn man von den Alraunecafes absieht. Auch ein Sicherheitsdienst ist bei Delinquenz oder unpassendem Verhalten zu Stelle und patrouilliert dort regelmäßig. Nun könnte man spitz anführen: „Nun ja, so besonders viel gibt es dort wirklich nicht zu klauen“, aber der letzte Discounter sieht das anders. Regelmäßig bilden sich dort Schlangen, weil Einkaufswagen fehlen, bzw. gestohlen werden. Nun gibt es kleine Rollwägelchen – im Hackenporschelook – die im Inneren verbleiben müssen, weil sie sonst Signaltöne ausstoßen. Darüber hinaus wecken sie keine monetären Begehrlichkeiten, weil sie ohne Münzpfand genutzt werden können. Der Vorteil: mein letzter Einkauf fiel deutlich geringer aus, denn das kleine Ding ist auch etwas unkomfortabel – 30 mal bücken vor das Kasse – hält die materielle Gier in Zaum. Eigentlich praktisch, oder?! Weiterlesen

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Stadtteiljubiläum 2019 – So steht es um die Vorbereitungen

Manchmal beschleichen einen schon Zweifel – und zwar dann, wenn die Sozialdaten für unseren Stadtteil an die Oberfläche des Schreibtisches gespült werden, wenn man sich in die Nähe des immer noch so genannten Einkaufszentrums begibt oder man einen Brief der Vonovia in seinem Postkastenkasten vorfindet. Darf ein Quartier, dem es objektiv so schlecht geht, überhaupt ein rauschendes Fest zu seinem fünfzigsten Geburtstag feiern? Ist es nicht vielleicht zynisch, wenn auf dem Marktplatz getanzt und gesungen wird und gleichzeitig nur einen Straßenzug weiter ein Gerichtsvollzieher eine Zwangsräumung vollstreckt, weil einer unserer Mitbürger die Mieterhöhungen nicht mehr verkraftet?

Dass ich trotzdem Tag für Tag weiter an der Vorbereitung des Jubiläums arbeite, liegt sicher auch daran, dass ich vor etlichen Dekaden die Johannes-Gutenberg-Universität zu Mainz besucht habe. Natürlich lehrt auch die dortige Alma Mater nicht, wie man in einer üblen Welt sich die notwendige Lebensfreude erhält, um diese ein klein wenig besser zu machen. Das machen die Meenzer: Die Lage mag noch so schlecht sein, sie lassen sich ihre Pappnase und ihren Schwellkopp nicht nehmen und machen eben Kokolores.

Nun lebe ich aber auch schon seit vielen Jahren in Hamburg – und hier hat man mir beigebracht, dass die Pappnase nicht die Antwort auf sämtliche Fragen des Lebens ist. Der Hanseat feiert zwar ab und zu auch einmal ganz gerne – aber alles mit Maß und mit Stil. Weiterlesen

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Brauchen wir wirklich die Abrissbirne?

Bis vor wenigen Jahren bedeutete das Errichten eines Hauses Denken in Generationen. Sowohl private als auch öffentliche Bauherren haben sich über die Jahrhunderte hinweg bemüht, ihren Nachfahren Strukturen zu hinterlassen, welche sowohl dem öffentlichen als auch dem privaten Wohl dienen sollten.

Natürlich wechseln die Nutzungen jeweils nach den Bedürfnissen der Menschen: Ein Kaispeicher wird zur Konzerthalle, ein Bahnhof zum Rathaus, ein Kloster zum Irrenhaus oder Gefängnis und ein Wasserwerk zu einem Parlament.

Seit dem späten 20. Jahrhundert ändert sich diese Einstellung. Vor allem große Bauten werden oft als Abschreibungsobjekte betrachtet und nach vierzig oder fünfzig Jahren abgerissen, wie den Steilshoopern in der benachbarten City Nord drastisch vor Augen geführt wird. Als Begründung muss oft die beabsichtigte Energiewende herhalten. Tatsächlich sind Bauten, die vor der ersten Energiekrise 1973 geplant worden sind, regelrechte Fresserinnen von fossilen Brennstoffen. Allerdings wird so gut wie nie die Gegenrechnung nach dem Energiebedarf für Abriss und Neubau derartiger Gebäude aufgemacht. Zudem sind die Möglichkeiten der energetischen Nachrüstung heute so, dass sich Bauwerke aus den sechziger und siebziger Jahren in der Energienutzung kaum von modernen unterscheiden müssen (der Umbau natürlich auch unter erheblichem Einsatz von Energie).

In Steilshoop argumentiert man noch platter: Wichtige Baulichkeiten des Stadtteils müssen verschwinden, weil über deren Grundstücke ein Schulneubau finanziert werden soll. Nachdem der größere Teil des Bildungszentrums zu Betonstaub verarbeitet worden ist, könnten schon im Herbst des nächsten Jahres die Bagger anrücken, um dem traurigen Rest der vormaligen Gesamtschule und dem längst nicht so traurigem Rest der Schule am Borchertring (für die Älteren: die Schule Seeredder) das gleiche Schicksal zu bereiten.

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