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Hamburg Steilshoop? In dieser Reihe? Noch nicht, aber bald!

Auferstanden aus Ruinen – ein wenig fraglich, ob der Zukunft zugewandt – ist der wegweisende Beschluss des des Ministerrates der DDR vom 21. April 1955, die Industrialisierung des Wohnungsbaus in die Wege zu leiten. Zwei Jahre später erfolgte die „Internationale Typentagung“ der RGW-Länder, auf dass sich der Eisenacher Bürger nicht nur im Schatten seiner Wartburg, sondern auch an der Pazifikküste etwa in Wladiwostok heimisch fühle. Seitdem kann man in halb Europa und mindestens in der Hälfte Asiens in Wohnbauten leben, welche so poetische Namen wie IW 65, QP 59 oder WBS 70 tragen. 1988 übergab Erich Honecker die dreimillionste Wohnung dieser Art, was allerdings ein sehr freies Spiel mit den Zahlen war, denn in Wirklichkeit hat man nicht einmal zwei Millionen geschafft.

In Anbetracht der angespannten Wohnsituation in der vormaligen DDR waren die meisten Menschen ausgesprochen glücklich, wenn sie in einen dieser Plattenblocks einziehen konnten. Allerdings verkehrte sich dieses Glück schon kurz nach der Wende (besseres Bild: kurz nach dem Einlegen des Rückwärtsganges) in sein Gegenteil. Die Perspektivlosigkeit, die mit der Vernichtung einer großen Volkswirtschaft einherging, kumulierte sich in den vormaligen Vorzeigeprojekten der DDR. Uns allen sind die oben aufgeführten Orte vor allem in den neunziger Jahren wohl bekannt geworden, etwa wenn dort Nazihorden brennend, z.T. auch mordend den Rest der Bundesrepublik daran erinnerte, dass ein längst untergegangen geglaubter Ungeist seine Auferstehung feierte.

Wenn nicht abgerissen, so sind doch die meisten Plattenbausiedlungen heute wenigstens so weit saniert, dass die immer noch vorhandenen Problematiken nicht sofort ins Auge springen. Wie allerdings in der alten Bundesrepublik auch werden sie wohl bis zu ihrem definitiven Ende niemals so einfach zu händeln sein wie ein gewachsenes und gepflegtes Wohngebiet.

Ausgerechnet an diesem aus heutiger Sicht archaischen Konzept und in Kenntnis der Probleme orientiert sich die SAGA Unternehmensgruppe mit ihren Systemhausbauten, die sie auch noch als „ästhetisch, modular und effizient“ verkauft.

Bei der Vorstellung der Wettbewerbsergebnisse für die Nordbebauung hatten die Steilshooperinnen und Steilshooper die Möglichkeit, die ästhetischen Ergebnisse, die man mit Honeckers abgelegten Bauklötzchen, mit denen schon Walther Ulbricht gespielt hat, erzielen kann, zu bewundern. Nahezu einhellige Meinung: Sieht genau so aus wie das aktuelle Steilshoop.

Zur Not könnte man damit leben. Ein geschickter Landschaftsgärtner kann die Kästen zumindest in den Sommermonaten perfekt tarnen. Das größere Problem, auf das z.B. Pastor Andreas Holzbauer immer wieder hinweist, dass „mehr vom Gleichen“ die zahlreichen sozialen Schieflagen im Stadtteil noch einmal deutlich verschärfen wird. Ein Beispiel: Für junge Erwachsene ist Steilshoop das Freizeitangebot betreffend nicht gerade das irdische Paradies. Die daraus resultierenden Probleme halten sich noch in Grenzen, vermutlich – wie man jetzt im Sommer an jeder Ecke erriechen kann – weil der Nachschub an Canabisprodukten völlig ungestört läuft, und so richtig zugedröhnt lebt man in völliger Harmonie mit der Welt. Ältere Steilshooper wissen aber noch, dass das in den achtziger und frühen neunziger Jahren deutlich anders war, dass das an sich berechtigte Aufbegehren dieser Gruppe in eine eher kriminelle, zumindest das Zusammenleben der Generationen störende Richtung lief. Wenn – wie in den neunziger Jahren im Osten – sich irgendein Rattenfänger die überall erkennbare Perspektivlosigkeit zu Nutze macht, hat auch Steilshoop das Potenzial, mit Rostock-Lichtenhagen oder Hoyerswerda in einem Atemzug genannt zu werden.

Vielleicht geht von anderen Gruppen nicht ein derartiges Gefahrenpotenzial aus: Sie leiden aber genau so unter den Verhältnissen, wie sie die SAGA und die mit ihr verbündeten Behörden noch einmal verschärfen möchte: Kaum ein Ort, wo man sich am Abend mit Freunden treffen kann, keine Möglichkeit sich kreativ zu entfalten … und wenn ich anfange über die Einkaufsmöglichkeiten zu sprechen, wird der Artikel doch etwas zu gallig.

Also: Bitte, bitte liebe SAGA, mache doch einmal eine Dienstreise Richtung Osten und lasse Dich von den dortigen Kollegen aufklären, was man machen muss, um eine Großsiedlung so richtig abstürzen zu lassen, vor allem aber, wie man das verhindern kann.

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