U5 als Alibi

von Bernd Dieter Schlange

Wenn man die Zeitungen liest, möchte man meinen, der ÖPNV in Steilshoop sei so gut, dass jetzt nur noch eine U-Bahn in die City Nord fehlt, um unser Glück zu vervollkommnen.

Dass dem nicht so ist, weiß jeder, der regelmäßig den Bus nach Steilshoop benutzt.

Und die Probleme, von denen gleich die Rede sein soll, werden uns auch noch viele Jahre begleiten, selbst wenn die U-Bahn diesmal kommen sollte. Denn wer realistisch denkt, wird wissen, dass so ein Vorhaben schon 10 Jahre braucht.

Aber die Angst ist natürlich da, dass die U-Bahn als Ausrede herhalten muss, den Busverkehr auf dem gegenwärtigen unzureichenden Stand zu belassen. Bisher war es ja immer so: Erst als klar war, dass die erste U-Bahn-Planung vorläufig nicht realisiert wurde, kamen der 10-Minuten-Takt von morgens bis abends auf der Linie 7 (die damals noch 272 hieß) und die neue Linie 26. Und die – wenn auch mäßige – Busbeschleunigung, der 5-Minuten Takt in der Frühspitze auf den Linien 7 und 26, die Führung der 26 durch den Westen Steilshoops und der Einsatz der Gelenkbusse auf der Linie 26 und die Führung der Linie 118 über die Haltestelle Borchertring kamen ebenfalls zu Zeiten, als gerade keine neue Schienenanbindung für Steilshoop angedacht war.

Die 7 am Morgen – Unglück und Sorgen

Die Probleme beginnen am Morgen – wer einmal zwischen 7 und 8 Uhr mit der Linie 7 nach Barmbek gefahren ist, hat sicher das Überlegenheitsgefühl empfunden, wenn er einen Steh- oder gar Sitzplatz im überfüllten Bus besaß, während die Barmbeker draußen bleiben mussten, weil einfach nichts mehr ging.

Ein überraschendes Problem? Keineswegs, schon zu Beginn der Planungen für die Busbeschleunigung haben Vertreter der Koordinierungskonferenz Steilshoop die Hochbahn darauf hingewiesen, dass mit der Fertigstellung des Quartiers 21 auf dem ehemaligen Krankenhausgelände diese Probleme entstehen werden. Außer einigen ratlosen Blicken hatte das keine Konsequenzen.

Das ging schnell: Schon nach zwei Jahren müssen die Kreisverkehre der Busbeschleunigung erneuert werden

Das ist nicht nur für die Barmbeker ärgerlich, die stehen bleiben, auch für die Steilshooper sind die Verhältnisse im Bus nicht unbedingt das, was man sich von dem „modernsten Bussystem Europas“ (Olaf Scholz) verspricht.

Auch hier hat die Koordinierungskonferenz Steilshoop – damals noch in Kooperation mit dem Stadtteilbeirat – vor vielen Jahren schon Vorschläge erarbeitet, insbesondere eine schnelle Linie für den Osten und das Zentrums Steilshoops nach Barmbek (es ist ja nicht nur für die Fahrgäste ärgerlich, sondern es kostet auch eine Menge Geld, wenn die Bewohner von Borchert- und Gropiusring nach Barmbek jedes Mal einen Umweg von 5 Minuten machen müssen).

Linie 7 am Tage – recht schlecht, keine Frage

Die Probleme gehen weiter über den Tag hinweg. Die Linie 7 ist auch deshalb oft überfüllt, weil sie im 6 bis 7-Minuten-Takt neben der Linie 172 herfährt, das passt nicht, denn manchmal kommt dann in Barmbek eben 7 Minuten kein Bus – und der, der dann kommt, ist natürlich sofort überfüllt. Und manchmal fahren zwei Busse direkt hintereinander, im zweiten ist dann sehr viel Platz (und der HVV rechnet anschließend den Durchschnitt aus und findet alles nicht so schlimm).

Das Problem hat der Autor übrigens schon vor mehreren Jahren in einer öffentlichen Anhörung des Verkehrsausschusses der Hamburger Bürgerschaft beschrieben, als eines von zwei Beispielen für fehlende Taktabstimmung in Hamburg. Das zweite Beispiel damals, das die Linie 13 in Wilhelmsburg betraf, ist inzwischen behoben. Es geht also auch besser als in Barmbek und Steilshoop.

Ganz am Rande, und vor allem als freundlicher Gruß nach Barmbek: Warum fährt eigentlich die Linie 172 nicht mit Gelenkbussen? Die Nachfrage gäbe das wohl her.

Übrigens, ältere Steilshooper und Barmbeker werden sich noch erinnern an die Zeit, als mit den Linien 117 und 217 zwei weitere Buslinien (gemeinsam mit einem 10-Minuten-Takt tagsüber) auf der Fuhle unterwegs waren. Ihr Ziel war damals der Bahnhof Rübenkamp – nun gut, dahin besteht wohl nicht wirklich ein großer Bedarf, aber auf der Fuhle fehlen diese Busse jetzt.

Abends klappt es dann gar nicht mehr

Und am Abend – nun, stellen wir erst einmal die Frage „Wo bleibt das Positive?“ Das Positive kommt sofort, seit 3 Jahren verkehrt die Linie 26 durch den Westen Steilshoops, eine Idee mehrerer Koordinierungskonferenz-Mitglieder, die die Hochbahn erfreulicherweise aufgegriffen und umgesetzt hat. Aber wie immer in Hamburgs ach so modernen Bussystem wird auch hier ein Teil des Weins in Essig verwandelt, und damit komme ich doch noch zum Abend:

Wer einmal an einem Werktag beispielsweise zwischen 22 und 23 Uhr am Rübenkamp in den Bus nach Steilshoop umsteigen wollte, hatte nach dem Verlassen entweder Pech – es kam einfach kein Bus, in den nächsten fast 16 Minuten. Oder er hatte Glück, dann kamen nämlich gleich zwei Busse, ein 26er und ein 118er. Das ist seit 3 Jahren so, die Mitglieder der Koordinierungskonferenz haben das bei der Hochbahn und ganz oft bei verschiedenen SPD-Politikern (z.B. dem Distriktvorsitzenden der Steilshooper SPD Carsten Heeder, bei dem Bramfelder Bürgerschaftsabgeordneten Lars Pochnicht oder beim Vorsitzenden des Verkehrsausschusses in der Bürgerschaft, Ole Thorben Buschhüter, angesprochen. Immerhin hat das dazu geführt, dass die Fahrpläne jetzt am Wochenende etwas besser abgestimmt sind. Mehr aber nicht.

Kein Wunder, dass viele Fahrgäste dann doch lieber in Barmbek in die Linie 7 umsteigen – das berücksichtigt die Hochbahn aber nicht, wenn sie die Busse für den Spätverkehr aussucht. Gelenkbusse sind dann auch am Wochenende eher die Ausnahme, und entsprechend überfüllt sind die niedlichen kleinen Zweiachser nach Steilshoop.

Neue Haltestelle der Linie 277

Soll wiederkommen, und dann für immer. Aber wann? Haltestelle der Linie 277 Ecke Steilshooper Allee / Steilshooper Straße

Wer glaubt, die Liste der Klagen ließe sich damit beenden, wird jetzt von mir eines anderen belehrt: Da steht nämlich noch die Erfüllung zweier sehr konkreter Versprechen aus:

Zum einen gab es während der Baumaßnahmen zur Busbeschleunigung eine Bushaltestelle der Linie 277 an der Ecke Steilshooper Allee/Steilshooper Straße und das Versprechen, hier insbesondere für die Bewohner des Cesar-Klein-Ringes dauerhaft eine Haltestelle zu schaffen. Auf die Einlösung dieses Versprechens warten wir noch immer.

Schneller nach Bramfeld

Schon seit Jahren wird uns eine schnelle Busverbindung nach Bramfeld versprochen – durch die Schaffung einer Bustrasse am Bramfelder Graben. Hier ist auch der Bezirk Wandsbek in der Pflicht, und Bezirksamtsleiter Ritzenhoff hat bei der Hochbahnveranstaltung letztes Jahr in Steilshoop auf die Frage, ob das immer noch geplant sei, jedenfalls unverbindlich mit dem Kopf genickt. Mal schauen, was daraus wird. Kleiner Anreiz für den Bezirk: Bei der Gelegenheit ließen sich einige Bäume fällen.

Busse so oft wie die U-Bahn

Schon lange fordert die Koordinierungskonferenz (und in der Vergangenheit hat auch der Stadtteilbeirat das gefordert) einen Takt so dicht wie auf der U-Bahn. Die fährt von 7 bis 23 Uhr mindestens im 10-Minuten-Takt, bei großer Nachfrage (wie wir sie zu vielen Zeiten in Steilshoop haben) sogar öfter. Und in der übrigen Betriebszeit – am Wochenende rund um die Uhr – mindestens alle 20 Minuten. Das hätten wir auch gerne.

Und der Norden Steilshoops?

Bus an der Haltestelle im Fritz Flinte Ring an der Mittelachse

Schön wäre es, wenn auch der Norden Steilshoops eine Busanbindung erhielte. Hier haben wir noch keine ausgereifte Idee, aber ohne vernünftige Busanbindung werden die Schule am See, das geplante Quartierszentrum und das neue Wohngebiet in Steilshoop sicher Probleme haben.

Auf der letzten öffentlichen Veranstaltung der Hochbahn fragten die Bewohner, ob es möglich sei, Busse in den Norden Steilshoops zu führen, die Hochbahn behauptete, das sei nicht möglich. Dem Hinweis, der dann kam, dass nämlich während der Baumaßnahmen zur Busbeschleunigung genau das von der Hochbahn gemacht wurde, ist noch nicht beantwortet. Nun ist es sicher nicht sinnvoll, die aktuellen Dieselbusse durch die Ringe zu schicken, aber Hamburg will schon in wenigen Jahren – noch vor dem Bau der U5 – nur noch Elektrobusse beschaffen, und dann stellt sich die Situation anders dar. Und dann sollte auch die Bedienung Steilshoops mit Bussen entsprechend weiterentwickelt werden. Aber das – das ist Zukunftsmusik.

Vorschlag: Einmal ein Versprechen halten

Als Olaf Scholz sein Amt als Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg antrat, stoppte er die damals für Steilshoop geplante Stadtbahn und versprach statt dessen eines der modernsten Bussysteme Europas.

Viel von uns haben ihm damals in einem Anfall von Politikunverdrossenheit geglaubt, und zu diesen vielen gehörte ich auch. Dazu trug bei, dass dieses Versprechen erst nach der Wahl gemacht wurde. Und nun? Wir werden sehen, ob sich der Busverkehr wenigstens in Steilshoop und Barmbek Nord langsam in Richtung eines modernen Bussystems entwickelt oder nicht.

An uns liegt es nicht, wenn es dazu nicht kommt. Aber es wäre schön, wenn die Politik bewiese, dass sie einmal etwas zu Ende bringt. Es muss wirklich keine U- oder Stadtbahn sein, versucht es doch erst einmal mit der Modernisierung des Busverkehrs! Und dauernd was Neues anfangen, das macht bitte in Eurer alten Sandkiste.

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2 Kommentare

  • Danke für diesen Artikel, gewährt er doch weitere Einblicke in das marode Hamburger ÖPNV-Konzept. Die Zustände in Barmbek-Nord sind treffend wiedergegeben, die Hintergrundinfos fügen sich ins Bild. Hier muss dringend etwas passieren, die fadenscheinigen Argumente der Hochbahn sind in sich dermaßen inkonsistent – man fragt sich immer nur, wem diese Politik dient? Dem Bürger jedenfalls nicht.

    @ölsardine: Den Fahrgästen die (Teil-)Schuld zu geben, ist zu kurz gedacht. Gerade dieses Verhalten ist menschlich und muss von einem professionell operierenden städtischen Unternehmen antizipiert und konzeptionell berücksichtigt werden.

    Zum genannten Beispiel „durchgehen“: Wer von der Hochbahn genötigt wird, einen Bus nur vorne zu betreten, kann nicht in die Pflicht genommen werden, diesem Konzept zum Erfolg zu verhelfen. Sich in einem überfüllten Abteil nach hinten durchzuarbeiten ist nicht nur unangenehm, sondern unter Umständen auch nicht ungefährlich, sobald der Bus sich in Bewegung setzt – hier ist die Hochbahn als Betreiber in der Pflicht, Lösungen zu erarbeiten!

    Die älteren unter uns werden sich daran erinnern, ehedem jede beliebige Tür im Bus genutzt zu haben. 😉

    Mit freundlichen Grüßen aus Barmbek!

  • ölsardine

    Zu Teilen ist auch das dumme Verhalten der Fahrgäste schuld. So gibt es immer ein paar renitente Mitfahrer, die nicht “durchgehen” und somit den hinteren Teil der 7 blockieren. im ersten Drittel staut es dann und hinten ist die Hälfte der Sitzplätze noch frei. Andere Kandidaten müssen sich partout noch in einen vollen 7er quetschen, obwohl die Anzeige den Nächsten in einer Minute ankündigt … . Das durschnittliche Verhalten der Hamburger im ÖPNV läßt oftmals an der Intelligenz und der Zukunftsfähigkeit des Menschen zweifeln.
    Nichtsdestotrotz ist es natürlich richtig und wichtig die luftigen Aussagen des unsäglichen Scholz und seiner servilen SPD-Handlager in den Vierteln mal kräftig zu hinterfragen.

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