Wem gehört die Straße?

PollerEigentlich einfach zu beantworten: Natürlich der Öffentlichkeit und damit deren Treuhänder, dem Staat. Damit ist eigentlich auch die Frage nach der Verantwortung für die Sicherheit und Instandhaltung beantwortet.

Das dachte sich auch meine Nachbarin, als sie den Wegewart des Bezirks Wandsbek bat, eine üble Radfahrerfalle am Edwin-Scharff-Ring zu entfernen. Als nach einigen Tagen keine Reaktion kam, wandte sie sich an den Bezirksamtsleiter. Herr Ritzenhoff leitete ihr Schreiben an Herrn Baumgarten, welcher den schönen Titel „Leiter Fachamt Management des öffentlichen Raumes“ führt, weiter, und dieser schrieb auch einen sehr netten und freundlichen Brief an meine Nachbarin zurück. Allerdings konnte er ihr in der Sache auch nicht helfen, denn das seit der frühesten Bildung von Staaten in der Jungsteinzeit bekannte Prinzip, dass die Herrschaft für die Verkehrswege die Verantwortung trägt, ist in Steilshoop aufgehoben. In Herrn Baumgartens nettem Brief heißt es: „Zu ihrem Anliegen selbst kann ich Ihnen mitteilen, dass wir dies ähnlich bewerten und daher das bauausführende Unternehmen um eine besser sichtbare Alternative gebeten haben“. Diesen Satz las meine Nachbarin durchaus mit Wohlgefallen; nur das Verb „bitten“ machte sie etwas stutzig, aber sie wusste ja aus den vorhergehenden Zeilen, dass Herr Baumgarten ein freundlicher Mensch ist, der nicht einfach irgendetwas in Auftrag gibt oder gar anordnet, sondern höflich darum bittet. Allerdings kehrte der folgende Satz das Wohlgefallen in sein Gegenteil um: „Da das Bauprojekt von den dortigen Grundeigentümern finanziert wurde, werden die von ihnen beauftragten Architekten einen auch optisch passenden Ersatz vorschlagen“.

Der Staat, hier repräsentiert durch den Bezirk Wandsbek, ist nicht mehr zuständig für die Funktionsfähigkeit und Sicherheit seiner Wege. Er muss höflich bitten, dass irgendwelche Privateigentümer auf diesem Sektor aktiv werden.

Wenn ich diese Entwicklung zu Ende denke, kommt mir das kalte Grausen. Wahrscheinlich müssen wir uns in nicht allzu ferner Zukunft von unseren bürgernahen Polizeibeamten verabschieden, weil deren Aufgaben der skandalumwitterte Sicherheitsdienst des Einkaufszentrums übernehmen wird. Lauert irgendwo ein findiger Unternehmer, welcher erfahren hat, wie der reichste Mann der römischen Republik zu seinem Vermögen gekommen ist? Crassus, bis heute ein Synonym für unvorstellbaren Reichtum, betrieb als Privatunternehmer in der Stadt Rom die Feuerwehr. Es hat sich gelohnt! Wann werden wir Maut für die Nutzung der Mittelachse zahlen müssen?

Ich bezweifle, dass das die Vorstellungen von Marx, Engels und vieler anderer waren, als sie die Hoffnung äußerten, dass der Staat irgendwann einmal absterben werde. Sie dachten eher an eine solidarische Gesellschaft, in welcher jegliche ordnende Macht überflüssig wird. Mit dem Suizid der ihnen verhassten Institution haben sie wirklich nicht gerechnet.

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Ein Kommentar

  • Konrad

    Immerhin wird einem die Chance geboten im Innovativquartier einen Innovativunfall durch Vollpfosten zu erleben.
    Wenn das kein Event ist! Das HID Dich einfach ümm!

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