Was war da los im Westwing Steilshoops? (Teil 1)

Vor Wochen tauchte in meinem Briefkasten eine Postkarte ohne Absender auf. Düstere Typographie, jeder Buchstabe in einer anderen Schrift, geschrieben, gedruckt, gepinselt. Mit etwas Mühe kann ich in vier Zeilen mit je drei Buchstaben lesen, aber verstehen? Schwarzer Hintergrund weiße Lettern, rechts unten ein fetter gelber Button mit der Aufschrift: 

„STROMKASTEN-GALERIE STEILSHOOP
ERÖFFNUNG AM 10.MAI UM 12.00 UHR“

Das klingt so wie „Die drei Fragezeichen und …“

Rückseite:

START: EDWIN SCHARFF RING 80. EIN PROJEKT VON … IN ZUSAMMENARBEIT MIT DER SCHULE AM SEE …

Aha, warum weiß ich davon nichts? Und was ist das überhaupt? Eine „Stromkasten-Galerie“, Farbe auf verwittertem Grundmaterial bezahlt von Sponsoren, ausgeführt von SchülerInnen der Stadtteilschule?

Und dann tatsächlich kurz vor 12.00 Uhr, bei wiedermal nicht vorhandener, aber gewünschter Sonne, scharen sich Jugendliche und Erwachsene an fünf Standorten auf der Mittelachse, um mit Leinen verhüllte Stromkästen herum. Gestartet wird aber ganz im Westen, mit Ansagen und leisem Mikrofon. Kurze Ansprachen, Getümmel und dann wird eine erste kulturelle Errungenschaft unter Applaus enthüllt. Das Motiv ist gar nicht zu erkennen, weil viel zu viele Rücken unter Regen- und Winterjacken sich davor platzieren und auch einen ersten Blick erhaschen wollen. Man erfährt von Frau Karsten, der Schulleiterin der Stadtteilschule, dass im Dezember 2016, 20 SchülerInnen des Kulturprofils der Schule am See, die Idee hatten “etwas Zur Verschönerung des Stadtteils” beizutragen. Rosen werden verteilt der erste Kasten wird enthüllt und dann geht es weiter zum nächsten verhüllten Objekt. Gespannt sind wir welches geheime Innenleben uns erwartet?

Stromkasten-Galerie West

Stromkasten-Galerie West
Bild 1 von 8

Im Spazieren werden erste Informationen ausgetauscht von engagiert lächelnden Kulturverantwortlichen. Erste Hintergründe erschließen sich. 

Technisch anspruchsvoll und äußerst sehenswert, selbst bei Regen, keimt eine Ahnung auf, wie viel Engagement hier aufgebracht wurde. Bei jeder weiteren Enthüllung werden kurze Texte von SchülerInnen und Verantwortlichen in die Menge gesprochen, aber leider nicht immer verstanden, akustisch bedingt. Es gibt Wasser und Salzstangen zum Mitnehmen. Vertiefende Details sind, nach einem Austausch von E-Mail Adressen, mit der künstlerischen Begleitung, demnächst in einem weiteren Teil II zu erwarten.

Schon in den Fünfziger Jahren soll man es bei einer Zählung auf 170 verschiedene Kulturbegriffe gebracht haben. Welcher Kulturbegriff, welches Verständnis hat die kreativen Geister der Schule am See bei der Durchführung des Projektes beflügelt?

Einen Stromkasten zu pflegen, zu verschönern, für einen Moment der Verwitterung zu entreißen, gestalterisch etwas auf die Beine zu stellen, was in Steilshoop bisher nicht zu sehen war und für ein Weile im Gespräch bleiben wird, ist jedenfalls eine kulturelle Leistung die wir toll finden. Und so muß ich konstatieren, nachdem die ersten Anwohner im Rentenalter am ersten von SchülerInnen aufpolierten Stromkasten vorbeimarschierten, stehen blieben und sich mit einem Lächeln zu nickten: Das kann funktionieren mit der Kultur in Steilshoop (Fortsetzung folgt).

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Ein Kommentar

  • Mert-Sekert

    Ich würde mal lieber fragen, was diese medienwirksame Aktion der Mietkünstlerin und den beteiligten Quartiersmanagern an Rendite gebracht hat?
    Der einzige positive Aspekt, den ich mir vorstellen könnte, ist, daß ein oder zwei Schülerinnen erkennen, daß es durch aktives und selbstgestaltetes Leben möglich sein kann, der Sackgasse Steilshoop zu entkommen.