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Im Salon: Zur Dialektik des Eichhörnchens …

9. November 2016, Beginn 19:00

Kostenlos

Liebe Steilshooperinnen und Steilshooper, liebe Freundinnen und Freunde des Salon de Steils

Ich gebe es zu: „Zur Dialektik des Eichhörnchens – und warum das Wildschwein fortwährend die Negation negiert“ ist ein Vortragstitel, bei dem allenfalls bei Leuten irgendetwas klingelt, die in der vormaligen DDR zur Schule gegangen sind. Allerdings ist auch das unwahrscheinlich. Die Unterrichtsstunden in den Fächern Histomat (Historischer Materialismus) und Diamat (Dialektischer Materialismus) waren in der Regel der Rekreation gewidmet, indem dort tief und fest geschlafen wurde. Nachdem ich mich in der Vorbereitung dieses Vortrages durch einige Diamat- und Histomat-Lehrbücher gequält habe, ist mein Verständnis dafür nahezu unendlich. Die Werke laufen alle darauf hinaus, warum die Beschlüsse des xy. Parteitages der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands im Einklang mit den Naturgesetzen des Kosmos stehen.

zur-dialektik-des-eichhoernchenDer Umgang mit den wichtigsten Erkenntnissen der Philosophie des 19. Jahrhunderts ist irgendwie DDR-typisch. Hervorragender Ansatz, aber in der Ausführung völlig versaubeutelt – also ein Abbild der DDR selbst.

Logisch, dass der dialektische Materialismus in Verruf geraten ist. In der Sowjetunion und in den anderen realsozialistischen Ländern ist ihm das Charakter eines Dogmas gegeben worden, was von seinen Schöpfern niemals beabsichtigt worden ist. Marx und Engels, auf Hegel fußend, formulierten eine Art des Denkens, dass die Bewegung und die Entwicklung mit berücksichtigt.

Das hört sich für uns heute selbstverständlich an, aber für mehr als 2000 Jahre spielte die Bewegung kaum eine Rolle. Der ionische Naturphilosoph Heraklit hat zwar um 500 v.Chr. den berühmten Satz πάντα ρει̃, alles fließt, formuliert, um damit zum Ausdruck zu bringen, dass es keine statischen Zustände gibt, aber dieser Ansatz ist in der idealistischen Philosophie in der Nachfolge Platons weitgehend verloren gegangen. Erst die Fortschritte in den Naturwissenschaften im 18. und frühen 19. Jahrhundert zwangen die Denker dazu, den Idealismus und die ihm innewohnende Statik auf den Prüfstand zu stellen.

Der Vortrag möchte diese Entwicklung in der Geistesgeschichte auf zeigen, wie aus einer überwiegend beschreibenden Philosophie ein Denken entsteht, das konsequent auf die Bewegung abzielt. Da der Materialismus des 19. Jahrhunderts auch in Analogie zu den Erkenntnissen der Naturwissenschaften entstanden ist, will auch ich den Versuch machen, anhand von Prozessen, die wir alltäglich in der Natur beobachten können, die Richtigkeit der dialektischen Grundsätze zu überprüfen. So sind in einem Wald das Eichhörnchen und das Wildschwein, stellvertretend für viele andere Tiere, die Träger des Fortschritts, indem sie durch den Transport von Pflanzensamen permanent ihre eigene Umwelt verändern. Außerdem finde ich die beiden deutlich sympathischer als die alten Herren auf dem Podium eines SED-Parteitages.

Mit freundlichen Grüßen, Dr. M. Kersting

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Details

Datum:
9. November 2016
Zeit:
19:00
Eintritt:
Kostenlos
Veranstaltungskategorie:
Veranstaltung-Tags:

Veranstalter

Salon de Steils – Eine Initiative der Arbeitsgemeinschaft Kultur zur Förderung des Vortragswesens in Steilshoop

Veranstaltungsort

Kulturtreff Café JETZT
Gründgensstraße 22
Hamburg, 22309