Politiker, bitte handeln!

Im Herzen von Steilshoop verfällt ein Einkaufszentrum. Geschäfte schließen, Bürger kämpfen – und die Stadt gibt sich ohnmächtig.

Text von Ulrich Jonas, zuerst erschienen im Straßenmagazin Hinz&Kunzt; Ausgabe 299, Jan. 18

An einem Abend im Oktober 2016 sagt eine Freundin von Mariana Fernandes Martins einen folgenschweren Satz: „Wenn du an den Dänen rankommen willst, musst du Schiffe malen!“ Der Däne ist Besitzer des Steilshooper Einkaufszentrums und wird wegen seiner Herkunft so genannt – und weil man sonst nicht viel über ihn weiß. Mariana Martins, eine 46-jährige Frau mit wachen Augen und herzhaftem Lachen, lebt in Steilshoop. Wie so vielen Menschen im Stadtteil ist ihr die Tristesse des EKZ seit Langem ein Dorn im Auge. Der Rat der Freundin war durchdacht: Mariana Martins ist Malerin. Ihre von Blautönen beherrschten Bilder zeigen das Meer in etlichen Facetten. Zu Schiffen ist es da nicht mehr weit.

Wer die perfekt inszenierten Reize herkömmlicher Konsumtempel gewohnt ist, erleidet im Steilshooper EKZ einen Schock: Nackte Puppen stehen verloren hinter dunklen Schaufenstern. In der Decke, aus der Energiesparlampen kaltes Licht verstrahlen, klafft ein Loch und gibt den Blick auf Lüftungsrohre frei. Und statt Musik dringt nur das monotone Quietschen der Rolltreppen in die Ohren der wenigen Menschen, die an diesem Vormittag den Weg ins EKZ gefunden haben. Was ist hier los? „Das ist eine lange, traurige Geschichte“, sagt der Kassierer eines Backshops. Und die Kurzform? „Der Vermieter interessiert sich für nichts. Macht nichts. Investiert nichts. Der will nur möglichst viel Miete kassieren.“ Weiterlesen

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IKEA kommt!

Bald ist es so weit! Der schwedische Möbelgigant wird hier in Steilshoop seine vierte Hamburger Filiale eröffnen. Die Entscheidung für den Standort ist zwar etwas überraschend, aber durchaus folgerichtig, denn in den nächsten Jahren müssen rund 500 Wohnungen im Stadtteil komplett neu eingerichtet werden.

Ermöglicht wird das durch das Rahmenprogramm Integrierte Stadtentwicklung (RISE), das sich als neuen Schwerpunkt seiner Tätigkeit die Förderung und Subventionierung von Immobilienbesitzern gesetzt hat. Nachdem für die beiden großen Gesellschaften im Stadtteil – SAGA/GWG und Vonovia – in den nächsten vier Jahren fast eine Million Euro für Wohnumfeldverbesserungen vorgesehen ist, um deren Kosten für das Housing Improvement District (HID) mit einer ansprechenden Verzinsung zu ersetzen, muss nach Artikel 3 des Grundgesetzes (Gleichbehandlung) diese Erstattung auch den Besitzern von Eigentumswohnungen zu Gute kommen, welche ja ebenfalls einen Anteil zum HID geleistet haben. Sie dürfen jetzt also auch ihr Wohnumfeld verbessern, indem sie sich eine neue Couch zulegen oder sich endlich den langgehegten Wunsch nach einem gemütlichen Fernsehsessel erfüllen.

Bei den Erstattungsbeträgen wird man sich voraussichtlich an dem orientieren, was die SAGA/GWG erhalten hat. Forum Steilshoop berichtete darüber, dass es für diese Gesellschaft noch einen Zuschlag von rund 20% auf die für das HID eingesetzten Mittel geben wird.

Der jetzt ausbrechende Möbelbedarf ist natürlich von IKEA erkannt worden, und die Firma hat die historischen wikingischen Verbindungen genutzt, um das Einkaufszentrum jetzt statt des Danebrogs unter der blau-gelben Fahne zu führen. Wirtschaftsforscher gehen davon aus, dass sich der ökonomische Grundsatz bestätigen wird, dass es kaum ein besseres Konjunktur-und Arbeitsmarktprogramm als Investitionen in den privaten Konsum gibt. In Steilshoop werden nicht nur Arbeitsplätze im Verkauf und in der Lagerhaltung geschaffen, sondern auch in der Gastronomie, denn die beliebten Köttbullar bereiten sich nicht von selbst zu.

Hat die „Fortschreibung RISE-Förderung“ das Handlungsfeld „Lokale Ökonomie“ nicht vielleicht schon zu früh aufgegeben?

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Nicht mehr ambivalent: Die Bilanz der Quartiersentwicklung

Steilshoop hat es nun schwarz auf weiß, was es immer geahnt hat: Die Quartiersentwicklung 2008 – 2017 war ein (nahezu) grandioser Erfolg – und das liegt (ebenfalls nahezu) ausschließlich an der Quartiersentwicklerin und des an ihrer Seite kämpfenden Stadtteilbeirates.

Die seit dem 22. November dieses Jahres vorliegende „Bilanzierung und Fortschreibung RISE-Fördergebiet Steilshoop“ [im folgenden Bilanzierung] hält uns arroganten Lackeln, die wir uns einbilden, seit Jahren und Jahrzehnten unsere freie Zeit zu einem nicht unbedeutendem Teil zum Nutzen und Frommen von Steilshoop einzusetzen, vor Augen, dass wir eigentlich nur ein amorpher Haufen von Nichtskönnern, Dummschwätzern und Faulpelzen sind.

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Zur Ambivalenz einer Bilanz

Neun lange Jahre aus der Sicht des Gebietsmanagements

Wie gerne würden wir mit dem Gebietsmanagement (Fachamt für Sozialraummanagement und Lawaetz-Stiftung) und dem Stadtteilbeirat in Frieden und Harmonie leben! Steilshoop wäre dann zwar auch keine Insel der Seligen, aber man könnte die Kräfte bündeln, gemeinsam mit frischer Energie zukunftsfähige Projekte angehen, überhaupt die individuellen Interessen und Fähigkeiten wesentlich besser zum Wohle des Stadtteils einsetzen. Deshalb erfüllt es uns auch mit großer Freude, dass die beiden Beteiligungsgremien Koordinierungskonferenz und Stadtteilbeirat ein noch ganz zartes Pflänzchen namens Hoffnung gepflanzt haben, indem sie Gespräche miteinander vereinbart haben.

Unter diesem Aspekt empfindet der Autor beim Schreiben dieses Artikels auch nicht die sich sonst immer einstellende Lust, wenn es wieder einmal gegen seine (hoffentlich vormaligen) Leib- und Magengegner geht. Andererseits kann man kaum umhin festzustellen, dass der Stadtteilbeirat sich eine Schusseligkeit par excellence geleistet hat, die auf einer kritischen Webseite thematisiert werden muss.

Er hat sich dafür ausgesprochen, die Hauptförderphase für das Fördergebiet Steilshoop um weitere vier Jahre bis zum 31.12.2021 zu verlängern.

Nein, das ist noch nicht die Schusseligkeit, denn es ist das gute Recht des Stadtteilbeirats, derartige Voten abzugeben. Problematisch ist der Zeitpunkt, an dem man seinen Treueeid gegenüber der Lawaetz-Stiftung und dem Bezirksamt Wandsbek erneuert hat. Dieser wurde auf der Oktobersitzung abgeleistet; also über einen Monat bevor am 22. November eine Bilanzierung der bisher geleisteten Arbeit des Gebietsmanagement erschienen ist. Weiterlesen

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