Bundesprügelgardencontest

Wer zählt die Völker, nennt die Namen,
die gastlich hier zusammen kamen?
Aus Düsseldorf, vom Isarstrand.
Aus Sachsen und aus Schwabenland,
Von des Maschsees ferner Küste,
Von allen Käffern kamen sie,
um prügelnd frönend dem Gelüste
nach großer Gipfelharmonie.

Nachdem das fürwitzige Hamburger Populum seinem treusorgenden Landesvater die olympischen Spiele nicht gegönnt hat, hat selbiger nicht geruht, um seinen Untertanen ein mindest ebenso grandioses Spectaculum zu Gesicht, Gehör und Gefühl zu bringen. Der sonst so triste Hamburger Sommer wird uns in diesem Jahr versüßt durch einen edlen Wettstreit der Prügelgarden aus sechzehn Bundesländern, bereichert durch de Mazieres ureigenster Truppe inklusive der GSG 9 und wahrscheinlich unzähliger namenloser Athleten aus dem schönen Langley, aus Riad, Ankara oder Moskau. Allgemein bedauert wird natürlich, dass das Hamburger Publikum auf die glorreichen Carabinieri aus Genua verzichten muss, nicht etwa, weil selbige im Gefängnis sitzen, sondern weil sie nun der Jugend das Feld überlassen haben.Bevor wir aber uns den einzelnen Disziplinen des Festes zuwenden wollen, ein paar Worte zum Rahmenprogramm: In den Messehallen werden sich einige ältere Damen und Herren versammeln, überwiegend aber mit schweren Limousinen und Blaulicht durch die Stadt brausen. Irgendwann wird irgendwo auch noch ein ganz tolles Foto gemacht. Sollte das zum Beispiel auf einem Dampfer auf der Elbe passieren, wird selbstverständlich der gesamte Schiffverkehr zwischen Helgoland und Prag eingestellt. Zwischendurch wird dieser oder jener aus dem Kreis auch vor die Kamera treten und sagen, dass man Hunger, Krieg, Unbildung, Unterentwicklung nicht so wirklich toll finde, aber auch wie wichtig globales Wachstum sei. Derartige Auftritte sind natürlich auch rudelweise möglich.

Diejenigen unter den Lesern, welche Gipfeltreffen im Abonnement gustieren, werden sicher bemerkt haben, dass man dieses Mal eine eigentlich immer ganz beliebte Nummer aus dem Programm gestrichen hat. Da in Washington ex cathedra verkündet worden ist, dass die Erderwärmung ausschließlich natürliche Ursachen habe, muss man sich selbstverständlich auch dieser Einsicht beugen. Die Entertainerin aus Deutschland tingelte immer ganz gerne und auch gar nicht so schlecht mit dieser Nummer, so dass ab zu warten bleibt, ob sie ein neues Programm einstudieren konnte.

Ungewiss und damit auch spannend, wer denn nun dieses Mal den Bösewicht zu geben hat. Normalerweise ist das ja der kleine Wladimir, Chinesen sind auch seit Kiesingers Zeiten für diese Rolle nahezu prädestiniert, aber einer hat sich in den Wochen und Monaten auch im richtigen Leben so schlecht benommen, dass es schwer fällt, ihn in der kurzen Zeitspanne vom 16. April bis zum 7. Juli wieder zu einem Guten oder wenigstens nicht gar so Schlimmen zu verwandeln. Obwohl man ja lieber dem Handabhauer, Auspeitscher, Steiniger, Hinrichter von der arabischen Halbinsel den Titel Oberfiesling geben möchte, geht das natürlich nicht, denn der könnte ja am Ölhahn drehen oder gar die schönen Sachen von Heckler&Koch, Rheinmetall oder Kraus-Maffei nicht mehr bei uns kaufen.. So wird diese Auszeichnung dieses Mal wohl nach Zentralanatolien gehen.

Wie schon erwähnt: Das alles ist nur Rahmenprogramm und interessiert uns Sportfreunde nur am Rande. Wir wollen endlich, dass die Athletinnen und Athleten die Arena betreten.

Zuvor aber muss noch eine Hoffnung aufgegeben werden. Wir alle haben uns natürlich gefreut, dass auch ein amerikanischen Flugzeugträger auf der Binnenalster zu sehen sein wird, welcher mit seiner Feuerkraft den kostbaren Corpus unterhalb des Toupets schützen wird. Wir werden allerdings wohl kaum seiner ansichtig, denn drum herum sind die Kampfbahnen unserer eigentlichen Helden, der Bereitschaftspolizisten aus den roten, schwarzen, grünen und tiefroten Ländern. Vielleicht schimmert ja das Schiff einmal unter den Regenbögen der Wasserwerfer durch.

Damit sind wir auch schon beim eigentlichen Wettstreit und seinen Disziplinen. Wie bei allen anderen Sportarten auch liebt der Fan einfache und klare Regeln – und so sind eigentlich nur die Disziplinen massentauglich, die schnell durchschaubar sind. Klar, dass hier der zwar simpel wirkende, aber enorm effektive Schlagstockeinsatz deutlich die Nase vorn hat. Vor allem macht die uralte Tradition, auf welche dieses Gerät zurück blicken kann, diese Sportart so beliebt. Schon der Urmensch konnte sich kein Leben ohne seine Muschkeule vorstellen und seine Nachfahren tun es ihm gleich.

Verwandt, aber nicht identisch mit dieser Disziplin ist die so genannte sächsische Kombination, welche in meisterlicher Weise von dem weiblichen Nachwuchs aus dieser Region beherrscht wird. Hier ist erst in zweiter Linie die reine Kraft wie beim einfachen Schlagstockprügeln gefragt, sondern die Koordination von Körper und Geist. Zunächst bedarf es eines ausgewogen Verhältnis von Spiel- und Standbein, welches sich natürlich idealerweise aus der vorstürmenden Bewegung ergibt. Gleichzeitig muss mit dem rechten Arm der Schlagstock in einer weit ausholenden Bewegung über einen Winkel von nahezu 180° geschwungen werden, so dass er aufgrund seiner Hebelwirkung ein Maximum an Effekt erreicht. Die Ästhetik der Bewegung kommt aber erst dadurch zustande, wenn die Pfefferspraydose in einem ruckartigen Vorschnellen der linken Hand etwa 20 cm vor den Augen eines Gegners entleert wird. In den letzten Jahrzehnten ist so den sächsischen Kombiniererinnen gelungen, sich einen ähnlichen Ruf zu erwerben wie die Eistänzerinnen bei den olympischen Winterspielen oder die Turmspringerinnen im Sommer: Ästhetik pur!

Wie bei allen anderen Sportarten auch kommt natürlich das erotische Element niemals zu kurz. Sind wir nicht alle nur deshalb Leichtathletikfans, um kurzbehoste 800 m-Läuferinnen, muskelbepackte Sprinter in Augenschein zu nehmen? Nun ja, der große Prügelgardencontest im Sommer wird uns da wohl etwas enttäuschen, weil man in der Sportbekleidung der Athleten nur einen Menschen – und erst recht keinen mit einer erotischen Ausstrahlung – erahnen kann. Dafür muss sich die Erotik nicht im Kopfe abspielen, sondern sie wird immer und jederzeit recht handfest, ja archaisch. Das häufig und lustvoll angewandte Massenknuddeln kennen wir sonst nur vom American Football oder vom Rugby, beides Sportarten, mit denen wir es in unseren Gefilden eher selten zu tun haben. Deswegen freuen wir uns alle auf das herrliche Schauspiel, wenn eine Hundertschaft einen Menschenpulk umzingelt und der Radius des Kreises enger und enger gezogen wird. Endlich werden Nachbarn und Polizisten auch haptisch erlebbar! Anmerken sollte man noch, dass bei wohl gefüllten Blasen auch die Freunde der etwas schrilleren Erotik hier sicher nicht zu kurz kommen werden.

Leider, leider ist das Teilnehmerfeld im kavallaristischen Bereich doch etwas begrenzt. Als Hamburger Lokalpatrioten können wir aber stolz unser Fähnlein schwenken und verkünden, dass wir wenigstens dabei sind. Der HSV ist zwar noch schlechter als Werder Bremen, aber wir haben was, was die nicht haben. Tja, und wem verdanken wir das alles? Dem viel geschmähten Roland Barnabas Schill. Er hat vor mehr als 15 Jahren seiner Truppe ein paar Pferdchen spendiert – und auf diese Weise so manche Polizistin in den Zustand der ewigen Pubertät versetzt. Auch hier natürlich: Erotik pur!

Nicht nur deshalb sollte man diese eher circensischen denn sportlichen Darbietungen auf keinen Fall versäumen. Ich weiß, dass es nicht besonders fair ist, ein 600 kg-Vieh mit einer 60 kg schweren Polizistin zu vergleichen, welche nur in der sächsischen Kombination antritt, aber von den Pferden mit ihren hochgerüsteten Rittern geht genau das Faszinosum aus, das auch der arme Bauer im Mittelalter beim Anblick seines Feudalherren empfinden musste. Ein leichter Tritt in die Flanke des Pferdes – und schon war es das mit dem Bauern. Die Sachsenmaid (die natürlich auch ein bayerisches Maderl oder ne Hamburger Deern sein kann), muss sich da schon kräftig ins Zeug legen, um einen annähernd ähnlichen Effekt zu erreichen.

So viel zu den klassischen Disziplinen: Der puristische Fan des Bundesprügelgardencontests sieht die technische Entwicklung natürlich mit gemischten Gefühlen. Er liebt die archaische Gewalt, wo die Frau oder der Mann noch ein Mann ist. Aber auch er wird sich nicht der stählernen Schönheit eines Wasserwerfers, der groben Motorik eines Räumpanzers verschließen können. Vor allem haben diese Geräte die Welt der amtlichen Prügelszene so bereichert, dass keiner von uns sie mehr missen möchte. Denken wir doch nur an das lustige Störerweitschießen mit 10 bar Druck. Wie oft muss da in mühsamer Handarbeit der Schlagstock geschwungen werden, um die gleiche Menge an Knochenbrüchen zu erzielen. Wenn dann noch das Wasser mit Reizstoffen versetzt ist, dann kann auch der konservativste Verehrer der gepflegten Dresche sich kaum noch halten vor Begeisterung.

So ein Großereignis bedarf perfekter Organisation. Vor allem gilt es, den Tausenden von Fans eine Möglichkeit des Verlassens der Veranstaltung zu bieten. Und auch hier ist die Bereitschaftspolizei aus allen Ländern gerne behilflich:
Sie verfügt über wunderbare Busse, überwiegend mit Einzelkabinen und sehr ausgeklügelten Vorrichtungen, um sich an zu schnallen – aber selbst das muss man bei den serviceorientierten Herrschaften nicht selber machen. Oft wird nach der Bustour auch noch Logis angeboten, wobei die Kost leider keinen besonderen Ruf genießt.

Zahlreiche Fans verschönern das Ereignis in eigener Regie: Anders als olympische Spiele ist nämlich der Bundesprügelgardencontest eine Mitmachveranstaltung, gewissermaßen ein Nehmen und Geben. Es haben sich gewisse Bräuche heraus gebildet, die schon nicht mehr allzu weit von einem Ritual entfernt sind. Ein nicht unbedeutender Beitrag sind zum Beispiel die brennenden Mülleimer, welche in der Regel den interessanten Teil bei einer derartigen Veranstaltung einleiten. Es gibt kaum eine bessere Möglichkeit, das Fest regelrecht orgiastisch werden zulassen.

Jeder eingefleische Anhänger einer solchen Veranstaltung ist natürlich zugleich auch ein fanatischer Sammler. Die Objekte seiner Sammlung sind in der Regel immaterieller Natur: Erinnerungen, Geschichten o.ä. Der Contest bietet die Möglichkeit, die Qualitäten der einzelnen Länderpolizisten einmal richtig aus zu loten. Klar, jeder Stammbesucher irgendwelcher Gipfel hat schon mal Kontakt mit den Schlagstöcken aus den großen Bundesländern gehabt, und kann so einiges über die Mädels und Buben aus Bielefeld oder Wuppertal, aus Bamberg oder Ingolstadt berichten, aber wer weiß schon ob der Eleganz der Schlagstockführung im Saarland, in Bremen oder Thüringen zu erzählen. Auf diese Weise ist auch sicher gestellt, dass auch den kleinen Teams die notwendige Aufmerksamkeit zu Teil wird und nicht aller Beifall nur in NRW, Bayern, Baden-Württemberg oder Niedersachsen landet.

Also, liebe Frau Merkel, lieber Herr Scholz, wir Hamburger sind dankbar für das grandiose Schauspiel, das sie uns bieten wollen und hätten gerne eigentlich jeden Tag einen Gipfel. Aber dann könnten wir ja mit einem gewissen Recht vergnügungssüchtig genannt werden.

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3 Kommentare

  • Christiane Lex-Asuagbor

    Ehre wem Ehre gebührt, aber die Reiterstaffel hat nicht Schill wieder eingeführt, der sich ja mit grünem Abbiegepfeil und blauen Uniformen mehr als ausreichend in der Stadt verewigt hat. Die Wiedereinführung der Reiterstaffel geht vielmehr auf den ja auch sonst gerne feudal auftretenden Innensenator und späteren Ersten Bürgermeister Ahlhaus zurück. Siehe etwa hier: http://www.buergerschaft-hh.de/ParlDok/dokument/26988/reiterstaffel-f%c3%bcr-die-polizei-hamburg.pdf

    • Die Redaktion

      Sehr geehrte Frau Lex-Asuagbor,
      bitte entschuldigen Sie die späte Veröffentlichung Ihres Kommentars. Aus uns unerfindlichen Gründen war Ihre Mail im Spam-Ordner gelandet.

  • ölsardine

    Was für ein peinlicher, einseitiger Artikel. Damit tut sich das Forum Steilshoop keinen Gefallen. Sicher ist es richtig, daß diese Veranstaltung kritikwürdig ist und das ob des zu erwartenten linksfaschistoiden Krawalls das Austragen in einer Großstadt eine Schnapsidee ist. Hier aber in einseitiger und hasserfüllter Art auf die Polizei verbal einzuprügeln, die nur versucht, den größten Schaden von der Stadt abzuwenden ist schon perfide. Linksfaschistoide Krawalltouristen aus aller Welt werden anreisen, um hier ihrem Furor Lauf zu lassen und MarKe schiebt in seiner gewohnt arroganten selbstherrlichen Schreibe (die leider auch totenlangweilig ist, das sollte ihm mal einer sagen …) den Ordnunghütern den schwarzen Peter zu.
    Die Reaktion auf solcherart Hetze ist zweierlei:
    – Ihr verliert einen Leser und Unterstützer dieser Seite
    – eine begnadete Musikerin und liebe Freundin von mir aus der Schanze, genervt von den Randalespielchen linksradikaler Demonstranten (zumeist wohlsituierte pubertierende Söhne und Töchter der besseren Familien der Stadt), gab bei einer der stupiden Autonomen- und Antifademos den Polizisten im Vorbeigehen den gutgemeinten Rat “und nun haut den Linksfaschos mal richtig auf die Fresse”. Dem kann ich mich bei solch bigotten Gekeife des MarKe nur anschließen.

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