Im Salon: Communio Sanctorum

Communio Sanctorum.BeitragLiebe Steilshooperinnen und Steilshooper,

zu dem auf dem Plakat angekündigten Vortrag am 21. September (19:00 Uhr, JETZT) möchte ich Euch ganz herzlich einladen.

Wenn man auf die 70 zugeht, wird es höchste Zeit, seine Traumata aus der Kindergartenzeit zu bearbeiten. Wie viele wissen, entstamme ich dem Münsterlande und habe somit meine Kindheit und Jugend in den fünfziger und sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts unter dem Schutze und Schirme der Kirche, natürlich der apostolischen und katholischen zugebracht. Spätestens seit der Beendigung meines dritten Lebensjahres wurde ich über die wohltätige Macht der Heiligen belehrt und ihr Leben und Leiden mir als leuchtendes Vorbild vorgehalten.

Schon im Kindergarten konnten wir so die wirklich wichtigen Dinge des Lebens erlernen: Eine uralte Nonne mit dem schönen Namen Euphemia (benannt nach der Märtyrerin und Jungfrau aus Amysium oder der Verteidigerin der Orthodoxie aus Chalzedon?) machte uns etwa am Beispiel der heiligen Agnes (von Rom) mit der Theorie der Vergewaltigung vertraut, über die Legende des Apostels Bartholomäus erfuhren wir, wie man fachmännisch einem Menschen abhäutet oder den Darm aus dem (mehr oder weniger) lebendigen Körper holt, so geschehen bei Erasmus von Formio.

Das alles hat mich hart fürs Leben gemacht. Sehr viel später, als ich selbst in die Rolle des Vaters herein gewachsen war, hatte ich nur ein müdes Lächeln für andere Eltern und Pädagogen, welche Heinrich Hoffmanns Struwelpeter als zu harten Tobak für die lieben Kleinen empfanden. Dem Konrad werden nur die Daumen abgeschnitten, aber was hat man nicht alles der armen Agatha von Catania abgezwackt!

Auch die nach dem Kindergarten folgenden sechzig Jahre waren durch Heilige geprägt. Wenn man sich wie ich in meinem Studium etwas intensiver mit mittelalterlicher Literatur beschäftigt, begegnen einem diese auf Schritt und Tritt.

Selbstverständlich habe ich in dem Vortrag die Absicht, eher die späteren Erlebnisse mit Heiligen zu bearbeiten und vor allem die Gattungen der Heiligenvita und -legende auf ihren historischen und vor allem literarischen Gehalt zu befragen. Ich verlange also mitnichten, dass mein Auditorium mir therapeutisch zur Seite steht. Trotz ihres Namens (wörtlich übersetzt: Etwas, das man lesen muss) handelt es sich um „oral poetry“, dem Märchen, der Sage, dem Volkslied vergleichbar. Diesen Aspekt der Legende möchte ich mit vielen schönen Bildern in dem Vortrag heraus arbeiten.

Martin Kersting

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